Dem Pflegenotstand im Landkreis entgegenwirken: Das Rote Kreuz macht sich „Fit für die Zukunft“
Es mangelt an qualifizierten Fachkräften in der ambulanten Pflege, gleichzeitig werden die Menschen immer älter – der Pflegenotstand ist in aller Munde. Das Rote Kreuz im Landkreis handelt und bildet nun drei Mal so viele Auszubildende aus wie bislang. Joachim Bauch, Pflegedienstleiter des ambulanten Pflegedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes Kreisverband Aichach-Friedberg, erklärt seine Strategie.
Was verbirgt sich hinter dem Slogan „Fit für die Zukunft“?
Bauch: Wir wollen uns durch mehr Auszubildende auf unsere Zukunft vorbereiten, unseren Dienst fit machen. Hier kommt einiges auf uns zu. Die Nachfrage nach Pflege zu Hause hat seit letztem Jahr signifikant zugenommen. Die Jahre vorher konnten wir die meisten Anfragen erfüllen. Inzwischen habe ich leider bis zu drei Fälle pro Woche, die ich ablehnen muss einfach, weil wir nicht genügend Pflegekräfte haben. Dabei nimmt auch die Verzweiflung der Angehörigen hörbar zu. In vielen Fällen stehen diese vor der Situation, dass ein naher Angehöriger nach Krankenhausaufenthalt oder körperlicher Verschlechterung plötzlich auf professionelle Hilfe angewiesen ist. Trotz starken Bemühungen gelingt es jedoch nicht, einen ambulanten Pflegedienst oder einen Kurzzeitpflegeplatz zu ergattern. Selbst Anfragen aus anderen Landkreisen wie Augsburg, Dachau und Donauwörth erreichen uns regelmäßig.
Wie kommt es zu dieser plötzlich hohen Nachfrage?
Bauch: Vom Pflegenotstand ist ja schon länger die Rede. Das sind wohl nun die ersten Ausläufer der geburtenstarken Jahrgänge, die Hilfe von uns brauchen. Und dies im Zusammenspiel mit den fehlenden Pflegekräften.
Wie steht es bei Ihrem Pflegedienst, können Sie Ihre Klienten noch ausreichend versorgen?
Bauch: Bisher haben wir das Glück, dass wir sehr gute und verlässliche Mitarbeiter in ausreichender Zahl haben, um all unsere Klienten zu versorgen. Es gibt aber Zeiten, wenn einige der von uns Versorgten plötzlich mehr Hilfe brauchen, wo es schon an die Substanz unserer Mitarbeiter gehen kann. Wir suchen zusätzliche Pflegekräfte, um die zunehmende Nachfrage wenigstens zum Teil befriedigen zu können. Es fällt mir schwer, verzweifelten Angehörigen sagen zu müssen: „Tut mir leid, aber wir können niemanden mehr zusätzlich versorgen.“ Aber ich habe auch die Verantwortung für meine Mitarbeiter. Wenn diese aufgrund von Überlastung krank werden oder sogar aus dem Beruf kaputt aussteigen ist auch keinem geholfen.
Und wie wollen Sie dem nun konkret entgegenwirken?
Indem wir verstärkt in die Ausbildung von Pflegekräften investieren. Wir bilden seit 8 Jahren alle 3 Jahre eine examinierte Altenpflegekraft aus. Der erste Auszubildende, Patrick Stehle, ist inzwischen meine Stellvertretung und Praxisanleiter für neue Auszubildende. Künftig reicht dieser Dreijahresturnus nicht mehr aus. Daher verdreifachen wir die Zahl unserer Auszubildenden und werden nun jedes Jahr einen Azubi nehmen. Zusätzlich unterstützen wir Herrn Stehle mit zusätzlichen Praxisanleitern. Unser Anspruch ist, dass wir den Menschen, die bei uns lernen, eine qualitativ hochwertige Ausbildung angedeihen lassen. Das bedeutet, dass sie gerade in den ersten Jahren sehr viel bei unseren qualifizierten Mitarbeitern mitfahren, die ihnen viel an ihren Fähigkeiten und Erfahrung teilhaben lassen. Dies spüren dann auch unsere Klienten, wenn gut ausgebildete, zufriedene Mitarbeiter zu ihnen nach Hause kommen.
Welche Voraussetzungen braucht ein/e Auszubildende/r in der ambulanten Pflege?
Man benötigt die mittlere Reife oder den Hauptschulabschluss mit einer abgeschlossenen mindestens zweijährigen Berufsausbildung und den Führerschein Klasse 3 oder B. Auch Quereinsteiger, die in ihrem gelernten Beruf nichts mehr finden oder mit ihrer jetzigen Arbeitssituation nicht glücklich sind, sind uns willkommen. In unserem Team beschäftigen wir u.a. einen gelernten Mechatroniker und einen ehemaligen Programmierer. Zweiter hat seine sehr gut bezahlte Arbeitsstelle aufgegeben, da ihm dort etwas fehlte. In der Pflege findet man viel Sinnhaftigkeit in seinem Beruf. Ich habe schon so viel Dankbarkeit und Anerkennung zu spüren bekommen, dass ich froh bin diesen Beruf ergriffen zu haben. Ab 2020 startet die generalistische Ausbildung: Dann lernen Alten- und Gesundheitspfleger den gleichen Stoff. Alle Auszubildenden haben dann Praxiseinsätze im Krankenhaus, in der ambulanten, stationären Pflege und in der Kinderkrankenpflege. Dadurch ist die Auswahl des bevorzugten Fachgebietes noch umfangreicher. Zudem kann man sich vielerlei Zusatzqualifikationen in Weiterbildungen aneignen. Hier gibt es die Möglichkeit sich als Palliativkraft, Gerontopsychiatrische Fachkraft, Wundmanager/in, Praxisanleitung, Lehrer/in für Pflege, Pflegedienstleitung und einiges mehr zu qualifizieren. Es ist wirklich ein schöner, erfüllender und vielfältiger Beruf.
Interesse?
Melden Sie sich unter j.bauch(at)kvaichach-friedberg.brk.de
Gerne können Sie auch bei unseren erfahrenen Pflegekräften „reinschnuppern“, um in der Praxis herauszufinden, ob dieses Berufsfeld für Sie geeignet ist.